Onlinesucht
Eine Onlinesucht meint eine Abhängigkeit von onlinebasierten Inhalten oder Anwendungen. Dazu gehören zum Beispiel Pornoseiten, das Onlineshopping oder auch Onlinegames und soziale Medien.
Vor allem die sozialen Medien werden aktuell stark diskutiert. Sie scheinen bei vielen vor allem jungen Menschen negative Effekte zu haben.
Von einer Sucht ist dann auszugehen, wenn die/der Betroffene über einen Zeitraum von 12 Monaten folgende drei Anzeichen erlebt:
- Kontrollverlust: Die Kontrolle über den Beginn, das Beenden und die Dauer des Onlinesein (z.B. Scrollen auf TikTok) ist stark eingeschränkt. Die Betroffenen surfen auch dann in den jeweiligen Apps, wenn sie eigentlich nicht wollen bzw. wissen, dass sie nicht online sein sollten.
- Interessensverlagerung: Dem Surfen auf Apps wie Instagram, Snapchat und TikTok (u.v.m.) wird immer mehr Zeit und Raum gegeben. Dies auf Kosten anderer Interessen oder Verpflichtungen.
- Fortführen des Onlineseins: Die Betroffenen sind auch dann in den sozialen Medien, obwohl sie aufgrund dieses Verhaltens Probleme erleben (anhaltender Schlafmangel, Streit in Familie/Beziehung, Probleme in Schule, Lehre und Arbeit).
Ob eine Sucht tatsächlich vorliegt, kann nur von Psychiatern oder Psychologen festgestellt werden. Sie sind darin ausgebildet.
Wer Zweifel hat, ob evtl. ein suchtartiges Verhalten vorliegt, kann einen Selbsttest machen. Dieser ersetzt keine professionelle Diagnose, kann aber erste Hinweise geben.
Risikofaktoren
Folgende Faktoren können eine Suchtentwicklung fördern:
- Impulsivität: Personen, die zu impulsiven Handlungen (plötzlich, aus einer Laune heraus) neigen, haben ein höheres Risiko, ein suchtartiges Verhalten zu entwickeln. Impulsivität kommt vor allem auch bei Menschen mit einem AD(H)S vor. In einem solchen Fall werden z.B. soziale Medien schnell zur "Strategie" anderen unangenehmen Situationen oder Aufgaben aus dem Weg zu gehen.
- Belohnungen: Auch Onlineanwendungen bzw. Apps geben einem Belohnungen: Beim Onlineshopping erhält man Rabatte, wenn man noch ein Teil mehr kauft, Pornoseiten oder Seiten wie Onylfans locken mit zeitlich begrenzten Sonderangeboten und die sozialen Medien versprechen einem Likes und Follower. Da Belohnungen etwas schönes sind und an das Selbstwertgefühl appelieren, sind sie sehr verlockend und verleiten manche Menschen zu mehr Onlinezeit als sie eigentlich wollen.
- niedriges Selbstwertgefühl: Da viele Onlineanwendungen und Apps (vor allem die sozialen Medien) so gemacht sind, dass sie uns ein gutes Gefühl geben sollen (siehe Belohnungen), sind vor allem Menschen mit einem niedrigen Selbstwertgefühl gefährdet, so in eine Sucht abzurutschen. Sie sind vermehrt online, posten Inhalte oder konsumieren Inhalte um sich gut zu fühlen. Wenn das reale Leben nicht so viele "Belohnungen" bereit hält, werden die Onlineanwendungen und Apps schnell attraktiver und verlocken zu noch mehr Onlinezeit.
- Zugehörigkeit und Einsamkeit: Jeder Menschen möchte "dazugehören". Das ist von der Evolution so gewollt, da der Mensch alleine nicht hätte überleben können. Diesen Wunsch verspüren die Menschen auch heute noch. Wer sich im realen Leben schwer tut, Freunde zu finden oder in soziale Beziehungen aufrecht zu erhalten, erlebt vor allem durch die sozialen Medien schnell Anschluss an Gruppen. Vor allem wenn die "Freunde" in den sozialen Medien Likes oder positive Kommentare unter Posts hinterlassen, fühlt man sich schnell zugehörig und nicht mehr einsam. Durch das viele Onlinesein wird es aber zunehmen schwieriger, in der realen Welt echte Beziehungen aufzubauen. Das ist nämlich komplizierter und aufwändiger und teilweise auch mit Enttäuschungen verbunden.
- FOMO: Die "Fear Of Missing Out", also die Angst etwas zu verpassen führt dazu, dass vor allem junge Menschen ständig online sind. Sie haben Angst, in der Gruppe nicht mehr mitreden zu können, wenn sie nicht genau wissen, was im Chat besprochen wurde oder welches Reel gerade viral geht. Sie verbringen deshalb mehr Zeit online als sie wollen, nur um dazu zu gehören (siehe Zugehörigkeit und Einsamkeit).
- Probleme in anderen Lebensbereichen: Wer in der Familie, dem Freundeskreis oder der Schule/Arbeit Probleme erlebt, zieht sich evtl. vermehrt in Onlinewelten zurück. Games aber auch soziale Medien bieten oft eine bessere "Realität" als die echte Welt. In sozialen Medien stellen die Menschen ihr Leben oft als besser und schöner dar, als es in Wahrheit ist. Diese Scheinwelt hilft kurzfristig, sich von seinen Problemen abzulenken. Langfristig ist dies aber keine Lösung für die realen Probleme. Im Gegenteil: diese werden oft durch das viele Onlinesein schlimmer.
Schutzfaktoren
Folgende Verhaltensweisen können vor einer Suchtentwicklung schützen:
- Selbstkontrolle: Wer sich bewusst ist, in welchen Situationen das Onlinesein (z.B. auf sozialen Medien) nicht mehr gut kontrolliert werden kann, kann sich für diese Momente Strategien überlegen (z.B. bewusst Pause machen) und schauen, ob es wirklich sinnvoll ist, weiter Zeit auf einer App zu verbringen. Auch sollte man bei Frust oder Traurigkeit eher nicht online gehen, da das so zu einer Strategie werden kann, wie man mit mühsamen Momenten umgeht.
Eltern sollten Regeln in Bezug auf das Onlinesein gemeinsam mit ihrem Kind aushandeln: Kinder befolgen Regeln ehern, wenn sie sie nachvollziehen und verstehen können.
- positive persönliche Beziehungen zur Familie: Ein positives Umfeld, in dem man gemeinsam Dinge erlebt, sich unterhält und auch bildschirmfreie Zeiten erlebt, steigert das Wohlbefinden, reduziert Stress und führt somit zu einer höheren Ausgeglichenheit. Stressbedingtes Onlinesein wird somit seltener.
- Verständnis und Toleranz: Nicht alle Menschen finden soziale Medien toll oder können etwas damit anfangen. Es ist aber wichtig, die Faszination anderer Menschen für solche Apps zu respektieren. Wer ständig für sein Tun kritisiert wird, zieht sich zurück...und istevtl. sogar mehr online (siehe Risikofaktoren).
- Selbsttest: Ein Selbsttest hilft, das eigene Verhalten richtig einzuschätzen und ermöglicht, dass negative Veränderungen frühzeitig erkannt werden.
- Beratung und Behandlung: Wer vermutet, Onlinesüchtig zu sein, sollte die eigene Situation mit einem Profi besprechen. Ob wirklich eine Therapie nötig ist, wird im gemeinsamen Gespräch festgestellt. Auch Angehörige von Menschen mit einer Onlinesucht können sich so Hilfe holen. Zögern Sie nicht!